Zeitschrift für Literatur und Philosophie
Virtualität
Truth or Illusion? Auf der Suche nach virtuellen Realitäten ind der russischen Literatur
Schamma Schahadat
In Edward Albees Drama Who's afraid of Virginia Woolf? spielen die Gastgeber George und Martha eine Reihe von Psycho-Dramen mit ihren (oder: vor ihren) Gästen Nick und Honey. Eines dieser Spiele, passend plaziert im dritten Akt namens "The Excorcism", lautet "bringing up baby". Darin erzählen George und Martha von ihrem Sohn, der am nächsten Tag seinen 21. Geburtstag feiern soll. Wie schon die vorangehenden Spiele ("Humiliate the Host", "Hump the Hostess" und "Get the Guests") endet auch dieses in einer Katastrophe. Nachdem Martha die glückliche Geburt und die idyllische Kindheit des Sohnes in leuchtendsten Farben geschildert hat, unterbrochen von Georges Einwürfen über Kindesmißhandlung von ihrer Seite, kommt es zu einer unerwarteten und kathartischen Klimax: Der Briefträger habe ein Telegramm gebracht, das vom plötzliche Tod ihres Sohnes künde, berichtet George seiner Frau.
George: He is dead. Kyrie, eleison. Christe, eleison. Kyrie, eleison.
Martha: You cannot. You may not decide these things.
Nick (leaning over her, tenderly): He hasn't decided anything, lady. It's not his doing. He doesn't have the power ...
George: That's right, Martha; I'm not a God. I don't have the power over life and death, do I?
Martha: YOU CAN'T KILL HIM! YOU CAN'T HAVE HIM DIE! (Albee 1962:136)
Nur langsam dämmert es Nick, daß George in der Tat ein Gott ist, wenn auch ein Demiurg, der eine falsche, phantastische Welt geschaffen hat. Denn der Sohn hat nie existiert; er ist ein Produkt der Einbildungskraft von Martha und George, eine Simulation (1) im Sinne Baudrillards, die im Bewußtsein ihrer Erfinder realer ist als die Realität selbst. Der Sohn ist eine creatio ex nihilo, was die Bedeutung des Nichts als Folie für virtuelle Welten in den Blick rückt: "Virtuell existieren Objekte, die nur in dem Sinne existieren, daß man über sie redet" (Cherniavsky 1994:83). (2)
In Edward Albees Stück wird eine virtuelle Realität im Rahmen einer fiktionalen Welt verhandelt. Im folgenden soll es um die Frage gehen, inwiefern Kunstwerke selbst als virtuelle Realitäten bezeichnet werden können und worin in spezifischen Fällen der Vorzug des Begriffs der Virtualität gegenüber dem der Fiktion liegt. Diese spezifischen Fälle sind, wie ich später zeigen werde, künstlerische Weltentwürfe, die sich jenseits der Grenzen des Fiktiven bewegen, indem sie vom Text (oder Bild) in die Wirklichkeit hineingreifen, Werkgrenzen überschreiten und das Leben zur Kunst machen. Doch zunächst sollen die Merkmale einer virtuellen Realität an dem Beispiel von George und Marthas imaginiertem Sohn herausgefiltert werden.
Albees Entwurf eines nicht existierenden Sohnes weist wesentliche Kennzeichen dessen auf, was sich - tentativ - als eine virtuelle Realität bezeichnen läßt: Der Begriff des Virtuellen ist, im Rückgriff auf Leibniz' "mögliche Welten", anzuordnen in einem Begriffsfeld, das "virtuell", "aktual", "möglich" und "real" umfaßt. Deleuze stellt in seiner Leibniz-Studie das Begriffspaar virtuell und aktual gegen möglich und real, wobei er ersteres auf die Monaden bezieht, letzteres auf die Körper. (3) Dieses Begriffsraster lenkt die Aufmerksamkeit auf die Beziehung zwischen der Virtualität und dem Körper: Virtuelle Welten sind, im Gegensatz zu möglichen, vom Körper befreit. Erfordert ein Rollenspiel in einer möglichen / realen Welt einen bestimmten Habitus (Gesten, Kleidung, Masken), so kommt es in der virtuellen Welt ohne diesen aus; die virtuelle Rolle läuft im Bereich des Imaginären ab. Das gilt für Fantasy Spiele ebenso wie für George und Marthas Elternrollen. Der Schmerz, den Martha beim Tod ihres virtuellen Sohnes empfindet, läßt sich mit Deleuzes Beispiel des Sündenfalls vergleichen: "die Seele Adams sündigt aktual (Zweckursachen folgend), und zugleich nimmt sein Körper den Apfel real auf (Wirkursachen folgend). Meine Seele empfindet einen aktualen Schmerz, mein Körper erhält einen realen Schlag" (Deleuze 1990:171). Marthas Trauer ist zunächst aktual, da sie sich im Bereich des Imaginären abspielt. Indem sie jedoch die Spielregeln verletzt, virtuelle und reale Welt vermischt, erlangt auch ihre Trauer den Index des Realen, oder genauer: sie wird hyperreal im Sinne Baudrillards, d.h. Realität und Simulacrum sind ununterscheidbar; die virutelle Welt ist realer als die wirkliche. Damit zieht die Erzeugung der virtuellen Welt ein Rollenspiel nach sich, das frei ist von körperlichen Beschaffenheiten: Die virtuelle Welt ermöglicht es ihren 'Bewohnern', die zugleich ihre Erzeuger sind, den Körper zu verlassen; aus dem unfruchtbaren Ehepaar George und Martha wird das fruchtbare, (virtuelle) Wirklichkeit erzeugende Elternpaar. (4)
Damit schafft Deleuze die Voraussetzung für einen paradoxen Begriff wie den der "virtuellen Realität". Trennt er die Begriffspaare virtuell / aktual und möglich / real in seiner Leibniz-Studie fein säuberlich voneinander, so zwingt der Begriff der "virtuellen Realität" die Oppositionen Monade (Seele) / Körper, virtuell / möglich, aktual / real in einer oxymoralen Kreuzfigur zusammen. (5) Dieser Rückgriff auf die Rhetorik erlaubt es, die der virtuellen Realität inhärente Spannung auszuweisen. Eine virtuelle Realität ist der Ort, wo der Körper verlassen werden kann, ohne daß die Welt der Sinne aufgegeben werden muß. (6) Wenn die postmodernen Medien-Utopisten, die eine Auslöschung des Gegensatzes virtuell / real bzw. Wirklichkeit / Fiktion behaupten (Baudrillard, Flusser)(7), versuchen, diese Grenze zu überschreiten, so denken sie im oxymoralen Begriff der virtuellen Realität das zusammen, was Leibniz/Deleuze (zunächst) trennen, was in dem "Körper der Monade" jedoch wieder zusammenläuft: das Virtuelle / Aktuale und das Mögliche / Reale. Virtuelle Realitäten lassen Gegensätze in einem Punkt aufeinandertreffen, ohne diese ganz darin aufgehen zu lassen, wobei der utopische Fluchtpunkt der Medientheoretiker dahin geht, diesem oxymoralen Doppelzeichen seine Spannung zu entziehen, die Differenz zwischen Virtuellem und Realem vergessen zu lassen. (8) Baudrillards Hyperreales, in dem das "Reale und das Imaginäre zu einer gemeinsamen operationalen Totalität verschmolzen" (1991:118) sind, impliziert eine "minimale[...] Abweichung [...] zwischen zwei Termen" (117), und eben diese minimale Abweichung markiert, so scheint mir, den Zusammenstoß von virtuell und real, von "Körper" und "Seele" (Monade). Im imaginierten und dennoch als real empfundenen Sohn von George und Martha treffen körperlicher (realer) und seelischer (aktualer) Schmerz zusammen, wenn Martha sich an seine Kindheit erinnert ("Martha [laughing, to herself]: ... and how he broke his arm ... how funny it was ... oh, no, it hurt him!", Albee 1961:129).
Nach diesem theoretischen Vorlauf stellt sich im Kontext literarischer Texte die Frage nach dem interpretatorischen Gewinn, den der Begriff der Virtualität gegenüber dem der Fiktion bringt, ist doch die fiktionale Welt, wie auch die virtuelle, ein Ort der Grenzüberschreitung zwischen Realem und Imaginärem (Iser 1991). Es lassen sich zunächst drei Punkte formulieren, an denen virtuelle und fiktionale Welten auseinanderlaufen. Der erste Unterschied betrifft die Fiktionssignale: Ist die fiktive Welt markiert durch das "Als-Ob", durch Kennzeichen des Fingierens (Iser 1991:37), so ist der Übergang von einer realen zu einer simulierten / virtuellen Welt unvermittelt und unmarkiert. George und Martha markieren ihren Sohn nicht als imaginierten, vielmehr nimmt das Als-Ob für sie Wirklichkeitscharakter an; sie empfinden und inszenieren (9) den Status des Als-Ob als realen - ohne jedoch das Bewußtsein ganz aufzugeben, daß der Sohne eben doch nur virtuell real ist, und hierin, so ließe sich behaupten, liegt der Unterschied zu simulierten Computerwelten, die dieses oxymorale Moment ausschalten wollen. Der Standpunkt der Betrachterin legt die Grenze zwischen den Polen fest, fixiert diese Grenze oder löst sie, wie im Fall des Hyperrealen, auf. Zweitens sind virtuelle Welten in der Regel interaktive, kollektive Schöpfungen, anders als fiktionale Welten, die meist einen Produzenten haben und gegen jeden Eingriff von außen geschützt sind. (10) Und drittens - und das ist vielleicht der wichtigste Unterschied - überschreiten virtuelle Welten die Grenzen des künstlerischen Texts oder Werks; die außertextuelle Wirklichkeit erscheint als zeichenhaft, erlangt auf diese Weise Kennzeichen eines Textes und verlängert damit den Iserschen 'als-ob-Zustand' in diese Wirklichkeit, d.h. die Grenzen zwischen dem Bereich des 'als-ob' und dem des 'Realen' werden überschritten. Dieser Akt der Grenzüberschreitung läßt sich auch von seinem Gegenpol her fassen: Dem Text oder Kunstwerk wird der Status des Realen verliehen. Ausgehend von diesen drei Punkten – der Abwesenheit von Fiktionssignalen, dem interaktiven Kollektivakt und der Überschreitung der Textgrenzen - möchte ich eine weitere These formulieren: Der Beschreibungsbegriff des Virtuellen bietet sich an für künstlerische Gattungen, die sich durch die Grenzüberschreitung zwischen 'Leben' und 'Text' auszeichnen und für die der Metaterminus des Fiktiven nicht mehr ausreicht. An dieser Stelle läßt sich die Frage stellen, inwiefern das Virtuelle, ähnlich dem Phantastischen, als "Alteritätsgenre" (Lachmann)(11) zum Fiktiven begriffen werden kann. Virtuelle (prä-computerisierte) Kunst ließe sich als das Medium beschreiben, das die Grenzen des Fiktiven überschreitet und damit Konstanten des künstlerischen Werks (Text / Autorschaft / Originalität) destabilisiert.
Anhand zweier Beispiele aus der russischen künstlerischen Praxis soll gezeigt werden, wie virtuelle Welten - unabhängig vom Medium des Computers - in Schrift, Bild oder gesprochenem Wort (im Kunstwerk) entworfen und ausagiert werden: am Beispiel einer literarischen Mystifikation Mitte des 19. Jahrhunderts und am Beispiel der inszenierten Realität des "Gesamtkunstwerks Stalin" (Groys), das eine schöne, gute und wahre, aber referenzlose Welt simuliert. (12)Diese zwei Varianten einer textüberschreitenden Lebenskunst lassen sich als Vorläufer der simulierten Computerwelten deuten; sie führen vor, daß eine virtuelle Realität keineswegs auf ein technisches Medium angewiesen ist, um aus dem Nichts geschaffen zu werden. Die computerisierte Medienwelt ist eine Perfektion dieser virtuellen Realitäten, nicht aber ihre Voraussetzung. Sind virtuelle Realitäten vor dem Ende der Gutenberg-Galaxis erzählte Welten, die narrativ entfaltet werden, so übersetzt das Computer-Medium die Erzählungen in digitale, sprachlose Bilder (13)und treibt wirklichkeitsgetreue Sinneswahrnehmungen hervor, die den oxymoralen Charakter der virtuellen Realität in Vergessenheit geraten lassen.
1. Die literarische Mystifikation (Koz'ma Prutkov)
1856 beschreibt der wenig bekannte Autor Ivan Cernokniznikov in seinen Aufzeichnungen eines Petersburger Touristen seine Begegnung mit dem bekannten Autor Koz'ma Prutkov:
Aus dem Kreis der eleganten Zuhörer trat mit unsicherem Schritt ein Mann mittlerer Größe, mit raffinierter Frisur und einer Stirn, die finsterer war als die eines düsteren Kazbeken, mit einem Stück schwarzen englischen Pflasters auf der linken Wange, mit der Haltung eines wahren Dichters, mit unbegrenztem Wissen um die eigene Würde und Erhabenheit über die Menge. Alles an dem Unbekannten zeugte von etwas Ungewöhnlichem, von Begabung und schien irgendwie bekannt; wenn man ihn ansah, so konnte man ihn leicht als eine Figur erkennen, die mit der frühen Romantik, mit ?ukovskij, in der Literatur auftauchte. Es war ein bekannter Unbekannter.
- Sehe ich tatsächlich -, sagte ich, bereit, dem bekannten Unbekannten um den Hals zu fallen, - sehe ich tatsächlich den Dichter Kuz'ma Prutkov vor mir, den Autor von [...]
- Ich bin Kuz'ma Prutkov! - sagte der Herr mit der Stirn, die finsterer war als die eines düsteren Kazbeken ... Der begabte Prutkov lud mich zu sich zu einem literarischen Abend ein, der am Dienstag um 11 Uhr in der Früh stattfinden sollte [...] (zit. in Desnickij 1953:6-7) (Die Übersetzungen sind, wenn nicht anders vermerkt, von mir)
Diese Begegnung wäre an sich nichts Ungewöhnliches, wäre Koz'ma Prutkov nicht eine literarische Mystifikation, ein Hirngespinst von vier 'realen' Autoren, ausgestattet mit einer Biographie, einem Porträt und einem Werk, das Gedichte, Dramen und Epigramme umfaßt. Damit wird ein fiktiver Autor als realer inszeniert, so daß er über den fiktionalen Rahmen hinausreicht und den Status einer (virtuellen) Realität einnimmt. Dieser Prozeß einer virtuellen Verleiblichung wird dadurch gestützt, daß die literarische Öffentlichkeit - wohl wissend, daß es sich um eine Mystifikation handelt - an dieser virtuellen Welt teilhat und in sie eingreift, so zum Beispiel im Fall des oben beschriebenen Treffens, das eine Reihe von Zitaten aus Prutkovs Gedicht Moj portret / Mein Porträt(14) enthält. Und obwohl die 'echten' Autoren streng darüber wachten, daß nur die von ihnen kanonisierten Werke 1884 in die Gesamtausgabe aufgenommen wurden, erschienen doch in einem fort Texte von "Koz'ma Prutkovs Enkel", "Koz'ma Prutkovs Sohn", "Koz'ma Prutkov II" usw. Bis heute tragen die Monographien zu seinem Werk Titel wie Koz'ma Prutkov und seine Freunde (Zukov 1976) oder Koz'ma Prutkov. Direktor der Finanzbehörde und Dichter (Berkov 1933). Der imaginierte, aber dennoch Kennzeichen des Realen (zum Beispiel das Porträt) tragende Autor ermöglicht den 'realen' Autoren ein Rollenspiel, das dem der virtuellen Computerwelten ganz ähnlich ist: Ohne ihre eigene Körperlichkeit preisgeben zu müssen, projizieren sie sich in ein alter ego hinein, an dessen nicht existentem Körper sie ihre Wünsche ausagieren können. (15)
Im Falle der literarischen Mystifikation schiebt ein Autor oder ein Autorenkollektiv eine zusätzliche Ebene zwischen Autor und Text ein, denn das Subjekt (der fiktive Autor) muß zum Objekt (dem Text) dazuerfunden werden. Auf diese Weise geraten Original und Kopie, Urbild und Abbild, Schöpfer und Schöpfung zu instabilen Größen; die Grenzen werden verschoben, und die beiden Seiten der Oppositionspaare überlappen sich in der Teilmenge des zwischengeschalteten Autor-Textes / Text-Autors.(16) Indem die erfundene Figur als real ausgegeben wird, tritt sie über den Rahmen des Fiktiven hinaus; Paratexte schaffen eine virtuelle Persönlichkeit aus dem Nichts und entfalten diese narrativ in einer Biographie, einem Nekrolog und einem Porträt. Mit einem Band, in dem Prutkov die Aufzeichnungen seines (virtuellen) Großvaters herausgibt, schreibt er sich in eine Genealogie - mit biologischem Ursprung - ein; der Nekrolog ist von einem (imaginierten) Neffen namens Kalistrat Ivanovi? ?erstobitov unterzeichnet und führt die Familiengeschichte somit fort.
Als fleischgewordene Fiktion erscheint Koz'ma Prutkov als Kreuzfigur zwischen Autor und Text, zwischen Text und Welt. Dieser Austritt aus der Ordnung des Fiktiven, die vom Als-Ob-Status reguliert und zwischen Realem und Imaginärem in ihre Grenzen gewiesen ist, wird im Begriff der virtuellen Realität aufgefangen. Die literarischen Institutionen (die Zeitschriften, die Verlage, die Theater) lassen sich als Vorläufer einer computerisierten virtuellen Realität deuten; die Teilhaber an diesen Institutionen entsprechen den Spielern der Computerwelten.
2. Das "Gesamtkunstwerk Stalin"
[s. Anlage 1: Il'ja Kabokovs Bild Gastronom]
Das Sujet dieses Bildes ist scheinbar recht einfach [...] Es zeigt eine alltägliche Situation in einem typischen sowjetischen Lebensmittelgeschäft der 70er Jahre, wo nicht die Vitrinen vor Lebensmitteln "bersten", sondern das Geschäft selbst unter dem Ansturm der Leute birst, unter der endlosen Schlange, die ansteht für etwas, das man nicht ansehen kann [...] Während über das Vorhandensein von Lebensmitteln im Geschäft Unklarheit herrscht, befindet sich an der Glastür eine mit weisser Farbe geschriebene vollständige Liste dessen, was in den Vitrinen ist, genauer gesagt, was dort "sein sollte". Diese Liste verzeichnet das "ständige Warensortiment", das es geben muss; derartige Listen, die in keiner Weise der Realität entsprachen, hingen jahrelang an den Wänden der Gastronom-Geschäfte [...] bei den eigenartigen weissen, leuchtenden Aufschriften, die von oben nach unten gehen, sollten die Buchstaben den Eindruck strahlender Funken hervorrufen, ein durchsichtiger Traum, durch den der graue Alltag zu sehen war. Beginnend mit den bei uns berühmten Worten:
"Heute und täglich im Angebot ..."
werden die Bezeichnungen der Lebensmittel sowie ihr Preis genannt, unterteilt in sechs Abschnitte: Feinkost, Milchprodukte, Fisch, Genussmittel, Süsswaren, Gemüse. Unter dieser Liste befindet sich eine Aufzählung aller möglichen Dienstleistungen, für die im Geschäft Anmeldungen entgegegenommen werden: Verpackung, Lieferung ins Haus, diverse Beratungen, Ausrichtung privater Feiern ... Ausserdem sind dort Adressen und Telefonnummern angegeben, bei denen man sich beschweren kann, wenn dem Geschäft irgendwelche Fehler unterlaufen oder wenn in der Auslage Ware fehlen ... Man kann annehmen, dass alle diese Worte, dieses "Programm", diese Bezeichungen [...] die Realität nicht etwa überdecken, verdrängen, sondern selbst in den Vordergrund des Bildes treten und sich an uns wenden wie die Träume und die Trugbilder, die aus der Atmosphäre des überfüllten Gastronom im Bewusstsein der in der regungslosen Schlange stehenden Leute geboren werden. (Kabakov 1995:94-95; übers. v. D. Trottenberg)
Il'ja Kabakovs Bild Gastronom und der dazugehörige Kommentar lassen sich als Metatexte lesen über die virtuelle Welt des Sozialistischen Realismus, der die Abbildung einer Wirklichkeit fordert, die (noch) nicht ist. Der Begriff des Sozialistischen Realismus ist nicht minder oxymoral als der der virtuellen Realität, denn der Zusatz "Sozialistisch" bringt in den Realismus eine ideologische Dimension ein, die das Realistische ins Phantastische verkehrt: "Die sozialistische Mimesis", so Boris Groys (1988:58), "ist [...] auf das verdeckte Wesen der Dinge gerichtet, nicht auf ihre Erscheinung [...] Der Sozialistische Realismus [...] orientiert sich an etwas, das noch nicht ist, aber geschaffen werden soll." Sozrealismus schafft eine ideologische Wirklichkeit, die nicht von dem ausgeht, was zu sehen ist, sondern von dem, was gesehen werden soll; der Sozialistische Realismus ist eine Poetik des "Nichtseienden" (17)(Groys 1988:57). Kabakovs Bild führt das Paradoxon des Sozrealismus vor Augen, indem es die Tafeln (metonymische Vertreter der abwesenden Lebensmittel) mit der Leere der Regale konfrontiert.
Die Doktrin der "Parteilichkeit" und der "Darstellung der Wirklichkeit in ihrer revolutionären Entwicklung" (Zdanov, zit. in Gaßner / Gillen 1994:27) beschränkt die Inszenierung sozialistischer Zukunft nicht auf die Kunstwerke, die eine nicht existente Wirklichkeit quasi-mimetisch abbilden [s. Anlage 2 und 3], sondern verwandelt auch die totalitäre Gesellschaft selbst in ein "Gesamtkunstwerk" (Groys). So schafft sie einen Musterfall virtueller Realität - die Gesellschaft erscheint als interaktiv geschaffenes Kunstwerk, das das "als-ob" Prinzip der Fiktionalität außer Kraft setzt und das nicht Existierende als existent in der Kunst abbildet und im Alltag inszeniert. Ein Beispiel für diese Inszenierung der lichten Zukunft im Alltag ist die Einführung des sog. subbotnik (von subbota = Samstag). Der subbotnik ist ein auf einen Samstag gelegter Feiertag, an dem die Menschen 'freiwillig' arbeiten, ein feierlicher Arbeitstag, der in den 20er Jahren in Verbindung mit einem der Feiertage des "roten Kalenders" (z.B. Revolutions- oder Maifeiertag) eingeführt wurde und sich bis zum Ende der Sowjetzeit gehalten hat. Die Besonderheit des subbotnik liegt darin, daß der Feiertag für die Arbeit (den Aufbau der Utopie) usurpiert wird, womit er das Verhältnis von Feiertag und Alltag umkehrt: Der Feiertag schafft einen utopischen Raum, der den kommenden sozialistischen Idealzustand vorgaukelt und ihn als schon erreichten in Szene setzt. Indem der subbotnik den Alltag als ewig währendes Fest inszeniert, hebelt er die Differenz zwischen Fest und Arbeit aus. Dem Maifeiertag 1920 gingen zwei subbotniki voraus, Vor-Feiertage, die Arbeit und Fest zusammenfallen ließen. Der erste subbotnik sah so aus, daß die Massen zu Orchestermusik den Garten des Winterpalais in Petersburg in einer Zerstörungsaktion "aufräumten" (Piotrovskij 1926:74), der zweite, grandiosere Akt, fand zeitgleich auf dem Marsfeld statt: 16.000 Menschen hatten sich versammelt, um den Steinplatz in einen Garten zu verwandeln. Die Arbeit wurde von Orchestern, Theateraufführungen und Dichterlesungen begleitet, der Platz war mit Flaggen geschmückt (ebd.). Die Zerstörung des einen Gartens und den Aufbau des anderen waren gleichermaßen fruchtlos, doch die Handlungen hatten, so Piotrovskij, einen "rein symbolischen, schauspielhaften Charakter" (ebd.). Im subbotnik wird aus dem Feiertag ein Tag der Arbeit, doch wird diese Arbeit als feiertägliche maskiert und zeigt als solche den neuen Menschen der Zukunft in Aktion - den fröhlichen Arbeiter und Bauern des "Gesamtkunstwerk Stalin".
Der subbotnik, der die angestrebte Utopie als erreichte simuliert, ist bildhaftes Beispiel für eine virtuelle Realität. Der fröhlich arbeitende Mensch, dessen Alltag bestimmt ist von Bürgerkrieg und Hungersnot, ist Sinnbild für eine Wirklichkeit, die nicht ist, eben eine virtuelle Realität. Damit erfährt die avantgardistische Losung "Das Leben zur Kunst machen" im Stalinismus ihre pointierteste Ausgestaltung. Im zeitlich versetzten Blick auf die als "mimetisch" proklamierten Bilder fehlt der Vergleich mit der Wirklichkeit der 20er und 30er Jahre, so daß bei der heutigen Betrachterin der Eindruck entstehen könnte, die 'reale' Wirklichkeit habe in der Tat so ausgesehen, wie die Bilder uns glauben machen. Auf diese Weise gelingt es den Kunstwerken des Sozrealismus rückwirkend, eine virtuelle Realität zu schaffen, ein Original zu simulieren, das es nie gab.
Es ließen sich weitere Beispiele für Gattungen, die sich jenseits der Grenzen des Fiktiven bewegen, die den Schnittpunkt zwischen dem Realen und Imaginären in den Raum virtueller Realitäten verlagern. So die Gespräche der russischen spätavantgardistischen Gruppe Cinari. Doch von diesen soll nur eine einzige Aussage zitiert werden, die den Bogen spannt zu meinem Anfang, zu Leibniz:
J[akov] S. [Druskin]: Man muß keine großen Werke schreiben, das ist ein Vorurteil. Leibniz hat allem in allem zwei große Sachen geschrieben, noch dazu zwei langweilige. Gerade wegen dieser Arbeiten nennt man ihn einen Rationalisten, schreibt man über ihn in Lehrbüchern zur Philosophiegeschichte. Beide Werke sind polemisch, das eine ist gegen Locke gerichtet, und das allein ist schon komisch, wenn ein Mensch in seinem ganzen Leben zwei große Sachen schreibt, und beide sind polemisch. Die echten Ideen, die genialen, finden sich in seinen kleinen Werken, die zwei, vier Seiten lang sind. (Lipavskij 1993:33-34)

(1) Es handelt sich bei dem erfundenen Sohn um eine Simulation, ein Simulacrum dritter Ordnung, im Sinne Baudrillards, insofern als die Kopie sich an einem Code (am Modell Sohn) orientiert, nicht an einem Original, so daß wir hier den Fall einer Kopie ohne Original vorliegen haben. (Zur Simulation s. Baudrillard 1991:90-96, 112-119).
(2) Der Satz geht weiter: "und auf die trotzdem der Begriff der Wahrheit anwendbar ist" - dieser Aspekt der Wahrheit ist jedoch kontextabhängig; er ist zentral für die virtuelle Realität eines genetischen oder physikalischen Modells (dieses Beispiel gibt Cherniavsky 1994:88), nicht aber für den Bereich der Kunst.
(3) die Welt, die verworrene Linie der Welt, [ist] wie ein Virtuelles [...], das sich in den Monaden aktualisiert: Die Welt hat Aktualität nur in den Monaden, deren jede sie aus ihrem eigenen Gesichtspunkt, auf ihrer eigenen Oberfläche, ausdrückt. Das Paar virtuell-aktual aber erschöpft das Problem nicht, es gibt ein zweites, völlig unterschiedenes Paar möglich-real: Gott wählt beispielsweise aus unendlich vielen möglichen Welten eine Welt: die anderen Welten haben ihre Aktualität ebenfalls in den sie ausdrückenden Monaden [...] Es gibt also Aktuales, das möglich bleibt, und das nicht zwangsläufig real wird. [...] Die Welt ist eine Virtualität, die sich in den Monaden oder Seelen aktualisiert, aber auch eine Möglichkeit, die sich in der Materie oder den Körpern realisieren muß." (Deleuze 1990:170)
(4) Ein weiteres Beispiel für das Verlassen des Körpers wäre das des heterosexuellen Mannes, der im Netz eine virtuelle lesbische Liebesbeziehung eingeht (s. hierzu Dirk Vaihinger 1997:7)
(5) In Differenz und Wiederholung bringt Deleuze die Begriffe 'virtuell' und 'real' zusammen: "Das Virtuelle besitzt volle Realität, als Virtuelles" schreibt er da (Deleuze 1992:264). Doch scheint mir die Realität des Virtuellen etwas anderes zu sein als die virtuelle Realität, betont doch ersteres die Existenz des Virtuellen, letzteres dahingegen den virtuellen Charakter der Realität, d.h. die nicht-Existenz dessen, was uns real scheint.
(6) So z.B. Flusser (1996:169-170): "Zuerst stellen wir uns virtuelle Räume vor, in denen wir Duplikate der mit Sinnen erfahrbaren Welt wahrnehmen können. Wir simulieren diese Welt, und wir simulieren sie noch dazu miserabel - trotz Handschuhen und Helmen erhalten wir nie die gesamte Konkretizität, die wir durch das Zentralnervensystem erreichen. Vielleicht werden wir später Methoden finden, die die Reize genausogut komputieren wie unser Nervensystem. Dann werden wir diesen Tisch von einem Hologramm dieses Tisches nicht mehr unterscheiden können, und dann wird es - pace Baudrillard - keinen Sinn mehr haben, von einem Original und einem Simulacrum zu sprechen."
(7) S. z. B. Flusser (1996:170): "Wenn wir von virtuellen Räumen sprechen, dann meinen wir, daß wenigstens in den Bereich des Denkbaren und vielleicht sogar schon des Machbaren die Möglichkeit drängt, alternative Welten herzustellen, sie der Konkretizität immer näherzubringen, so daß sie immer virtueller in jenem Sinn werden, von dem ich eben gesprochen ahben. Bis wir in einer Pluralität von Welten leben werden, von denen keine konkreter oder weniger konkret als die andere sein wird, angesichts derer die Unterscheidung von Wirklichkeit und Fiktion keinen Sinn mehr haben wird."
(8) Vgl. hierzu Renate Lachmanns Definition vom Oxymoron: "Das Oxymoron ist Teil eines lusus verborum, der ein Gedankenspiel antreibt, in dem ein 'Drittes' gedacht werden muß - und zwar nicht als ein neu und störend hinzutretendes, sondern als ein versöhnendes Element, das die Ambivalenzbewegung auspendeln läßt und den Stachel der Pointe dennoch nicht abbricht." (1994:136)
(9) Kurz zum Begriff der Inszenierung: Dieser impliziert einen performativen Aspekt ebenso wie ein Element des Bildlichen; beides soll hier als ein in-Szene-setzen zusammengedacht werden
(10) Wenngleich das kollektive Schaffen allein die Bedingung einer virtuellen Realität noch nicht erfüllt; ein bout rimée zum Beispiel ist fiktional, ohne daß es virtuell sein müßte.
(11) Zu den Bewegungen des Phantastischen als "Alteritätsgenre" zum Fiktiven s. Lachmann (1995).
(12) Hier könnte man eine semiotische Bestimmung des Virtuellen versuchen: Dazu reicht zweistellige Zeichenbegriff Saussures nicht aus, verfügt doch auch ein virtuelles Zeichen über Siginifikant und Signifikat. Zur semiotischen Einordnung des virtuellen Zeichens muß das Peircesche dreistellige Modell herangezogen werden (Symbol / Repraesentamen bzw. Objekt / Interpretans), bei dem das Objekt, das das Symbol in Bezug auf das Interpretans (Signifikat) repräsentiert, als Leerstelle unbesetzt bleibt. Denn das Objekt, das im virtuellen Zeichen simuliert wird, existiert nicht.
(13) S. dazu Norbert Bolz: "Deshalb besagt die Suspension des Realitätsprinzips in der Simulationskultur nicht auch schon, daß wir in unwirklicheren Welten lebten. Verändert hat sich lediglich das Maß des Wirklichen. Heute machen die allgegenwärtigen Bildschirme die Zweidimensionalität zum Realitätskriterium. D.h.: Was sich als wirklich verbürgen will, muß sich auf Monitoren kristallisieren." (Bolz 1992:131)
(14) "Wenn du in der Menge einen Menschen triffst, / der nackt ist; / dessen Stirn finsterer ist als die eines düsteren Kazbeken; / der einen unsicheren Schritt hat; / dessen Haare in Unordnung zu Berge stehen" usw. (Prutkov 1953:37).
(15) Im Falle Koz'ma Prutkovs ist es das Trauma der späten Geburt, das seine Autoren an ihm als verpäteten romantischen Epigonen ausleben; die Ausführung dieses Problems würde jedoch zu weit führen.
(16) Zur Mystifikationstheorie s. sehr ausführlich Greber (1993)
(17) Für den Sozrealismus gilt das, was Bolz für die Computersimulation behauptet: "Realität ist nicht mehr hinter den Bildern, sondern allein in ihnen. Die Medienwirklichkeit wird konkret zum Apriori unserer Weltwahrnehmung" (1992:125) - nur, daß das "Medium" im Sozrealismus die Kunst ist und auch der Alltag selbst, der zum Gesamtkunstwerk umgestaltet wird.


Literatur

Albee, E. 1962: Who's Afraid of Virginia Woolf? Harmondsworth.
Baudrillard, J. 1991: Der symbolische Tausch und der Tod. München.
Berkov, P. N. 1933: Koz'ma Prutkov. Direktor probirnoj palatki i po?t. [K. P. Direktor der Finanzbehörde und Dichter]. Leningrad.
Bolz, N. 1992: Die Welt als Chaos und Simulation. München.
Charms, D. 1991: Polet v nebesa. Stichi. Proza Dramy. Pis'ma. [Flug in die Lüfte. Gedichte. Prosa. Dramen. Briefe] Leningrad.
Cherniavsky, Vl. 1994: Die Virtualität. Philosophische Grundlagen der logischen Relationalität. Hamburg.
Deleuze, G. 1990: Die Falte. Leibniz und der Barock. Übers. U. J. Schneider. Frankfurt a.M.
--- 1992: Differenz und Wiederholung. Übers. J. Vogl. München.
Desnickij, V. 1953: Koz'ma Prutkov. In: K. P., Izbrannye so?inenija. Leningrad. S. 5-29.
Flusser, V. 1996: Im Trüben fischen. Von Virtueller Realität. In: V. F., Die Revolution der Bilder. Der Flusser-Reader zu Kommunikation, Medien und Design. Mannheim. S. 166-170. 2. Aufl.
Gaßner, H. / Gillen, E. 1994: Vom utopischen Ordnungsentwurf zur Versöhnungsideologie im ästhetischen Schein. In: Agitation zum Glück. Sowjetische Kunst der Stalinzeit. Hrsg. H. Gaßner, I. Schleier, K. Stengel. Bremen. S. 27-59.
Greber, E. 1993: Mystifikation und Epochenschwelle (?erubina de Gabriak und die Krise des Symbolismus). In: Wiener Slawistischer Almanach. 32. S. 175-206.
Groys, B. 1988: Gesamtkunstwerk Stalin. Die gespaltene Kultur in der Sowjetunion. München.
Gussew, Wl. [Gusev, Vl.] 1994: ... wo die Wahrheit und wo die Lüge ist. In: Agitation zum Glück. Sowjetische Kunst der Stalinzeit. Hrsg. H. Gaßner, I. Schleier, K. Stengel. Bremen. S. 17-26.
Iser, W. 1991: Das Fiktive und das Imaginäre. Perspektiven literarischer Anthropologie. Frankfurt a.M.
Kabakov, I. 1995: Ein Meer von Stimmen. Eine Neuerwerbung der Emanuel Hoffmann-Stiftung und Werke aus der Zeit von 1965 bis 1993 in Schweizer Sammlungen. Mit Bildkommentaren von Ilya Kabakov, übersetzt von Dorothea Trottenberg. Basel.
Lachmann, R. 1994: Acumen-Tradition und Stilistik des Oxymorons bei Daniel Naborowski (Exkurs). In: R. L., Die Zerstörung der schönen Rede. Rhetorische Tradition und Konzepte des Poetischen. München. S. 135-147.
--- 1995: Exkurs: Anmerkungen zur Phantastik. In: Einführung in die Literaturwissenschaft. Hrsg. M. Pechlivanos, S. Rieger, W. Struck, M. Weitz. Stuttgart. S. 224-229.
Lipavskij, L. 1993: Razgavory. [Gespräche] In: Logos. 4. S. 7-75.
Piotrovskij, A. 1926: Massovye prazdnestva. [Massenfeste] Leningrad.
Prutkov, K. 1953: Izbrannye socinenija. [Ausgewählte Werke] Leningrad.
Vaihinger, D. 1997: Faites vos jeux - Der Einsatz des Subjekts im Spiel mit virtuellen Identitäten. Ms. Konstanz.
Zukov, D. 1976: Koz'ma Prutkov i ego druz'ja. [K. P. und seine Freunde] Moskva.
Die Abbildungen der sozrealistischen Kunst stammen aus dem Buch Agitation zum Glück. Sowjetische Kunst der Stalinzeit. Hrsg. H. Gaßner, I. Schleier, K. Stengel. Bremen 1994.