KD: Ich will hier mit dir über deine Theaterarbeit und das
Nicht(s)-Tun sprechen. Und zwar konkret über Formen des Nichtstuns als mögliche
Theateraktionen, die entweder gar nicht stattfinden (können), oder solche, die bewusst
nicht ausgeführt werden, und auch über solche, in denen nichts passiert. Meiner Ansicht
nach sind diese drei Formen des Nichtstuns spätestens seit der Avantgarde konstitutive
Momente im Theater, oder vielleicht sogar generell in der Kunst. Welchen Raum hat das Nicht(s)-Tun in deiner Theaterarbeit,
die ich erst mal recht allgemein als Form 'Konkreten Theaters' bezeichnen
würde? Damit meine ich, dass es dir im Theater nicht um Formen der Narration oder um
Fiktionen von Wirklichkeit im Sinne eines 'Tuns als ob' geht, sondern um das
'Tun im Realen', um raumzeitliche und körperliche Realitäten des Spiels: du
arbeitest ja meist über einen relativ langen Zeitraum mit einem bestimmten Textmaterial
körperlich mit deinen Darstellern in Räumen (die fast nie herkömmliche Theaterräume
sind) mit, ja, sagen wir, Versuchen aus Langsamkeit, mit möglichen Irritationen der
Wahrnehmung. JS: Ich denke, dass das das schwierigste ist an
Theaterprojekten, das Nichts-Tun. Wenn da irgendetwas ist am Theater und Leute kommen,
dann gibt es immer die Erwartung: Und wie geht es weiter? Der komplizierteste Moment ist
es, das – wie du das nennst – Nichts-Tun oder Nicht-Tun zuzulassen. Sicherlich
sind lange Zeiträume, lange Proben durchgehend über Tage eine Hilfe, denn da gibt es die
Möglichkeit, dass sich das Nicht(s)-Tun automatisch einstellt, etwa über Erschöpfung.
Grundsätzlich ist es ja erst mal immer (auch am Theater) leichter, mit Menschen zu reden
als mit Menschen zu schweigen. Schweigen, Stille – oder wie immer man das nennen will
– ist aber ein wichtiger Ausgangspunkt fürs Theater ... KD: Mir ist da schon der Unterschied zwischen Stille und
Schweigen in bezug auf das Nichts-Tun wichtig. Bei eurem 'Maßnahme-Projekt' (1) in Berlin
seid ihr ja über mehrere Stunden schweigend durch die Stadt gegangen, von der Akademie
der Künste (Ost) zu einem Pornokino am Zoologischen Garten. Das war natürlich eine Form
des vorher abgesprochenen Schweigens, in gewissem Sinn einer (von dir) vorherbestimmten
Form des Nicht-Tuns (Nicht-Sprechens). Es gibt aber auch Formen von Stille als Nichts-Tun
in einer Theaterarbeit, die unvorher(hör)sehbar für alle Beteiligten auftreten können,
die nicht verabredet sind, sondern unerwartet auftauchen und darin den Arbeitsprozeß
unterbrechen, stören oder verändern. JS: An dem Projekt, an dem wir jetzt gerade in Wien im
Schlachthof(2) arbeiten, da ergibt es sich schon allein über die Größe der Anlage und
dadurch, dass wir gemessen an der Größe der Anlage unglaublich wenige sind und durch die
unterschiedlichen Jahreszeiten, in denen wir arbeiten, Frühling, Sommer, Herbst und
Winter, dass vieles pur und ungefiltert in die Arbeit einbricht, die Hitze, die Kälte ...
Da ergeben sich ganz automatisch Phasen sogenannten Nichts-Tuns, die nicht verordnet sind.
Verordnetes Nicht-Tun ist sicher leichter am Theater, denn das andere braucht Zeit. Das ist eine Frage des Rhythmus. Solche Arbeiten greifen ja
ins Leben ein, in deinen Lebensrhythmus, sie bestätigen nicht die gewohnten Rhythmen der
Gesellschaft, die aus Arbeiten am Tag und Regeneration oder Reproduktion (oder wie immer
man das nennt) in der Nacht bestehen. In unserer Arbeit sind die Übergänge fließender,
da wir Tag und Nacht arbeiten, mal nur eine Stunde, mal 15 Stunden. Dadurch entstehen ganz
andere Dinge in Bezug auf das Nichts-Tun und auch auf das Nicht-Tun ... KD: Hm ... JS: Wenn man mich fragen würde, wie lang ich gearbeitet
habe an dieser Geschichte, die noch bis etwa November weitergehen soll, würde ich sagen
fünf Jahre, aber de facto war ich eineinhalb Jahre draußen am Schlachthof. Aber seit '95
habe ich nichts gemacht, was ein Projekt wäre, also ich habe die Zeit gebraucht, um dahin
zu kommen, wo ich im Moment bin. Die meisten würden sagen, dass ich also drei Jahre
nichts getan habe. Aber die drei Jahre Nichts-Tun seit dem 'Philoktet' (3) in Berlin bis
zum Beginn von 'Orestie/Fatzer' im Schlachthof in Wien sind ein Teil davon, nichts ist
denkbar ohne das andere ... KD: Kannst du für dich das Verhältnis von Nichts-Tun
zwischen zwei Projekten zu deiner Theaterarbeit beschreiben? JS: In meinem konkreten Fall galt es, den Berliner 'Philoktet'
zu verarbeiten, also eine abgebrochene Arbeit. Natürlich ließe sich sofort etwas anderes
anfangen, das passiert ja meist so am Theater, das kann oder konnte ich aber nicht. Der
Abbruch, der geht ja noch weiter, der war für mich wie ein Klang ... bis der ausgeklungen
war, d.h. all das zuzulassen, was da passiert ist. Dazu kommt dann das Private, dass ich
eine Frau getroffen habe. Da entwickelt sich eine neue Intensität und irgendwann (man
könnte immer sagen, das ist Zufall) zeige ich ihr, also der Claudia Bosse den Schlachthof
und wir beschließen, dort etwas zu versuchen, drei Jahre nach dem 'Philoktet'. Seitdem
sind wieder eineinhalb Jahre vergangen, in denen ich mich habe treiben lassen – auch
innerhalb der Arbeit –, nicht wissend, wie das geht. Viele würden sagen, daß ich
nichts oder wenig getan habe. Sie haben probiert und ich habe zugeschaut und bin wieder
gegangen. Ich habe wenig selber probiert. Ich hab mich nur auf das Projekt eingelassen,
weil darin beinhaltet war, dass ich die 'Orestie' mache. Claudia macht 'Fatzer' und ich
die 'Orestie', das war meine Motivation, der Chor in der 'Orestie' als das einzige
zentrale Moment, das mich interessiert, und daran habe ich gearbeitet. Nun zerfällt das
Private wieder, die Arbeit kommt so hervor, wird zuende sein. Was bleibt – immer noch
offen – ist für mich die 'Orestie', denn wir sind nur an den 'Agamemnon', den ersten
Teil, gekommen, was Wahnsinn ist in Bezug auf die lange Zeit. KD: Ist die 'Orestie' denn für dich auch so eine Art
Nicht-Tun, das sich durch dein Leben, deine Theaterarbeit zieht? JS: Ja. Das ist irgendwie, ich weiß auch nicht, was das
ist, der Glutkern des Ganzen, seit mindestens 20 Jahren. Ich hab da drei Versuche gemacht
– jetzt den dritten – den ersten zusammen mit Aziza Haas in Wien bei der
Auflösung von 'Angelus Novus' (4), dann noch mal mit Aziza in Argos, das waren nur 14
Tage, aber das bezeichne ich als einen totalen Versuch. Und jetzt diesen, und wieder geht
es nicht. Das erste mal haben wir sehr lange gearbeitet, fast drei Jahre, immer darauf
hingearbeitet, dass wir es machen und dann abgebrochen, drei Monate vorher ... KD: Hm ... JS: Ja? KD: Kommen wir vielleicht zu den Rhythmen des Nichts-Tuns
in deiner Theaterarbeit zurück. War es für dich in deinen Versuchen manchmal reizvoll,
an dem Punkt der völligen Erschöpfung, an dem eigentlich das Schlafen (auch eine Form
des Nichts-Tuns) kommen müsste, gerade dann noch weiterzuarbeiten? JS: Bestimmt hat das bei 'HomerLesen' eine Rolle gespielt,
die Zeitdauer in Verbindung mit den Hexametern der 'Ilias', das Lesen über lange Zeit hat
zu einem Erschöpfungszustand geführt. Dann haben einige Teilnehmer versucht zu schlafen,
während andere weitergelesen haben. Als die wiederum aufgewacht sind und zu denen gingen,
die nicht geschlafen hatten, die durch die Müdigkeit im Lesen der Hexameter empfindlich
und angreifbar wurden, gab es in den Proben oft Vorwürfe, Abbrüche und Streit zwischen
denen, die durchgearbeitet und denen, die sich ausgeruht hatten, die für die anderen dann
unheimlich laut und unsensibel wirkten. Wenn du mit einer Form arbeitest, wie in diesem
Fall mit 22 Stunden 'HomerLesen', dann verändert sich deine Wahrnehmung, dein Hören und
Sehen und Gehen völlig, wenn du müde bist. Gerade die strenge Form des Hexameters war in
diesem Fall der interessante Punkt in Bezug auf die Länge der Zeit. Das ist vielleicht
das Schöne am Theater, dieses ganz andere Funktionieren der Wahrnehmung in der Zeit. Bei den Proben mit der 'Hamletmaschine' (5) in Tokyo haben
wir einmal über fünf Tage und Nächte durchgehend mit Improvisationen gearbeitet. Das
lässt sich nicht durchhalten, weil wir das vorher nicht trainiert, sondern einfach so
versucht haben. Am dritten Tag hab ich mich nach über 50 Stunden Improvisation mitten in
die Halle gelegt, in der wir gearbeitet haben, und geschlafen. Als ich aufwachte, hörte
ich eine Stimme in meinem Ohr und den Müller-Text ("Hier spricht Elektra ..."),
ganz sanft und liebevoll von einer der Darstellerinnen gesprochen, dem ich mich gar nicht
entziehen konnte. In diesem Moment war ich völlig diesem Text oder dieser Frauen-Stimme
im Text in meinem Ohr ausgeliefert. So etwas ist mir vorher noch nie bei Proben passiert.
Das war ein irrer Moment voll Schönheit, der auch wieder mit der Form der Arbeit zu tun
hat und nur so entstehen konnte. KD: Das mit der gemeinsamen – über eine Zeit lang
– geteilten Form in Theaterprozessen erinnert mich an John Cage, der in seiner 'Lecture
on Nothing' einerseits sagt: "Wenn jemand schläfrig ist, soll er schlafen." Und
andererseits: "Was wir brauchen ist Stille, aber was die Stille will, ist, daß ich
weiterrede" (6). Vielleicht entstehen Formen von Nichts-Tun im Theater auch
dadurch, dass Einige bereitwilliger aufgeben und loslassen und Andere wiederum weitergehen
in einer bestimmten Form ... JS: Ja, das war unsere Abmachung bei den fünf Tagen und
fünf Nächten, dass es immer weiterlaufen sollte, dass niemals alle schlafen. Und auch
wenn es nicht vorher abgesprochen wurde, haben niemals alle gleichzeitig geschlafen. KD: Vermutlich braucht ja das Nichts-Tun im Theater gerade
diese unausgesprochene Verabredung der Form, auch wenn dadurch den Spielern ein Freiraum
entstehen mag, in dem man im Angesicht der Phantasien oder Möglichkeiten dessen, was
passieren könnte, immer überfordert scheint, vielleicht sogar scheitern muß. Vielleicht
ist das (teilweise) 'Nichts', das getan wird oder dabei entsteht, so eine Art
Stillschweigen im Verharren der eigenen Phantasien und Fiktionen im realen Zusammenhang
des Spiels ... JS: Hm, ja – das sehe ich auch so ... KD: Interessiert dich in deiner Arbeit innerhalb solcher
Phasen, in denen einfach Zeit dafür da ist, dass nichts passiert, eher die Konfrontation
mit den Zuschauern, die ja wiederum mit ihrem ganz eigenen Rhythmus ankommen? Oder geht es dir mehr um das, was zwischen den Spielern
passiert, die Emotionen, Aggressionen, Enttäuschungen, die vielleicht deutlicher spürbar
sind, weil man sich über die gemeinsame Arbeit besser kennt, einen gemeinsamen Rhythmus
in einer Arbeitsform teilt? JS: Meistens entsteht Angst oder Stress in der Gruppe, wenn
nichts passiert und noch schwieriger ist es, wenn Zuschauer da sind. Die kommen und man
tut nichts, das sind tolle Momente, das geht, aber es fordert Mut bei den Spielern. Das
kann ja, gerade wenn Publikum da ist, so einen Theaterraum auch völlig neu definieren,
wenn nichts passiert, das hat eine Gelassenheit, die völlig ungewöhnlich ist in solchen
Gebäuden. In den Proben ohne Zuschauer ist Nichtstun sehr schwierig, das zerfällt sehr
leicht. Da wäre eine gemeinsame Konzentration im Nichts des Nichts-Tuns notwendig, die
aber nicht so ohne weiteres herstellbar ist. Es ist schwer das zuzulassen, dass nichts
passiert. Im Hinblick auf den Zuschauer denke ich ganz gegen die
Vorstellung im konventionellen Theaterbetrieb, dass es Anlagen gibt, wo es auf keinen Fall
mehr Zuschauer als Spieler geben sollte. Bei Anlagen, die über lange Zeit ohne
Unterbrechung laufen, kann viel passieren, wenn nur ein Zuschauer da ist oder vielleicht
drei ... KD: Dieses Argument finde ich in Bezug auf die Position des
Zuschauers wichtig. Es gibt ja im Theater oft rein räumlich gesehen eine Reduktion der
Präsenz des Publikums auf ein stilles Dasitzen und Zuschauen, was wiederum schon eine Art
Nicht(s)tun oder zumindest eine passive Haltung repräsentiert. Was du aber jetzt beschreibst, zeigt, dass es doch eine
bestimmte Aktivität in den Blicken des Zuschauers gibt, die den Theaterprozess
beeinflusst in dem, was augen-blicklich entstehen oder nicht entstehen kann. JS: Eine solche Position ist für Theaterleute erst mal
schwer zu akzeptieren. Aber viele, die mit Theater gar nichts zu tun haben oder in ganz
anderen Kunstformen arbeiten, verstehen das sofort. Bei den Proben im Schlachthof jetzt
– auch wenn sie immer öffentlich sind – genieße ich es, wenn ich der einzige
sein kann, der zuschaut. Das ist natürlich Luxus, aber Theater ist nach wie vor ein Teil
von Luxus. Und es ist ja der Luxus, für den wir leben, denke ich,
nicht der Alltag ... KD: Hm. JS: Es hat natürlich bei den Proben im Schlachthof was
beunruhigendes für die Leute, wenn ich manchmal als einziger zusehe und dann nichts sage.
Also es gibt eine Probe und ich gebe eine Anweisung, dann lässt man das laufen und nach
ein paar Stunden geht man nach Hause und sagt gar nichts mehr. KD: Das ist also ein Proben-Modus, den du dort
praktizierst? JS: Ja, das kann man nicht immer so ansetzen, aber es gibt
oft nichts zu sagen, es ist eh immer toll. Das, was man sagen kann, ist die nächste
Improvisation, entweder noch am selben oder am anderen Tag. KD: Es kann ja im Prozess des Theatermachens wahrscheinlich
auch ein Zwang sein, wenn du Anlagen setzt, dann für eine Weile zusiehst, und dann muß
vielleicht etwas gesagt werden, wo es gar nichts zu sagen gibt ... JS: Absolut, ja ... (Pause) KD: Nochmal zum Luxus. Luxus, auch Theater als Form von
Luxus ist ja nicht ohne Alltäglichkeit zu denken. Deine Arbeit im Theater hat meiner
Meinung nach etwas zu tun mit dem, was Cage "Demonstration eines Desinteresses"
(7) nennt, als Form von Nichtstun, die zeigt, dass es im Theater oder generell in der
Kunst nichts gibt (oder geben sollte), was man tun muß. Diese Haltung, die sehr stark von
deiner Arbeit und auch deiner Person ausgeht, die ich mit Vorstellungen von Anarchie oder
Luxus verbinde, läßt sich auch nicht einfach so in Frage stellen. Ich meine damit diese
Momente von Öffentlichkeit, dass, vorausgesetzt, man will das eben, in deiner
künstlerischen Arbeit, öffentlich demonstriert wird, dass nichts getan werden muß. JS: Das wäre toll, wenn das so wäre, und auch, wenn das
relativ leicht gehen würde. Auch das mischen zu können, dass man was macht und wieder
nichts macht. Das sollte natürlich trotzdem eine Form haben. Ich glaube, es gibt eine
Form von Nichts-Tun, die eine Qualität hat. Mir gefallen Situationen des Nichts-Tuns, ich
könnte da auch Stunden verbringen. Man sieht da so viel beim sogenannten Nichts-Tun, wenn
man eine Zigarette raucht zusammen, wie und worüber man redet. Manchmal zerfällt so eine
Situation in eine unglaubliche Belanglosigkeit, manchmal in ein Interesse. KD: Also hat das Nichts-Tun für dich nie etwas Bedrohliches
im Theater? JS: Nein, niemals. Das ist immer toll, selbst im
konventionellen Theater gibt es ja das Nichts-Tun in Form von Fehlern oder
Unterbrechungen, das finde ich immer interessant, auch vom Publikum, wie das dann
reagiert, eigentlich immer mit gesteigerter Aufmerksamkeit. Es gibt ja eine Sehnsucht nach
Irritation im Theater. Aber bedrohlich würde ich das niemals finden. KD: Wohingegen du das ja in deiner Arbeit eher umdrehst.
Was sonst Momente von Störung, von Einbruch des Alltäglichen in die Realität des Spiels
sind, versuchst du wiederum als einen Prozess, der sich ausdehnen lässt, als eine Form
von Stille oder Nichts-Tun in den Raum zu setzen. Meinst du das vielleicht mit 'Form' – die eine
Theaterarbeit deiner Meinung nach immer braucht –, die, auch wenn sie unsichtbar
bleibt, 'Etwas' in den Raum setzten kann, die das 'Nichts' der Situation oder das
Alltägliche ausstellt. JS: Ich habe ja mal für die 'Theaterschrift' ein Gespräch
zusammen mit Aziza Haas über Stille gemacht, über 'Laßt den Kojoten in den
Zuschauerraum' (8). Du kennst vielleicht diese Aktion von Beuys, 'Der Kojote',
die er in New York gemacht hat, das ist eine meiner Lieblingsaktionen von ihm. Da hat er
sich in New York sieben Tage und Nächte lang in einem Käfig zusammen mit einem Kojoten
öffentlich ausstellen lassen. KD: Gab es da auch Zuschauer? JS: Ja, es gab einen Zuschauerraum, der sehr klein war. Der
Käfig stand in einer Galerie. Aber für mich hatte diese Aktion etwas Inspirierendes
fürs Theater in Bezug auf Kommunikation. Diese non-verbale Kommunikation eines Paars, die
nicht kontrollierbar ist, die von Anfang bis zum Ende immer was Irritierendes hat. KD: Denkst du, dass sich solche Aktionen noch radikaler
oder immer wieder neu setzen lassen? Ich meine, vergleichbar mit dem 'Kojoten' ist ja auf
einer ganz anderen Ebene das 'Silent Piece' von Cage, bei dem der Pianist Tudor einen
Konzertraum betritt, sich an sein Instrument setzt, und für einen bestimmten Zeitraum
nichts tut, beziehungsweise zumindest keine Töne anschlägt. Meiner Ansicht nach sollte es in der Kunst noch viel
häufiger solche Versuche aus Nichts-Tun, aus Stille geben, egal, ob das schon gemacht
worden ist, oder nicht. Die Frage ist ja immer auch, wo man es macht und wie, ob in der
Fußgängerzone, im Kaufhaus, in sogenannten Privaträumen oder in einem Theaterraum ... JS: Ich weiß nicht, ob so was in der Fußgängerzone
funktionieren könnte. Die Fußgängerzone bewegt sich ja schon, auch ohne mein Zutun, da
müsste ich dann was dazu- oder entgegensetzen, was mich nicht so interessiert. Mir geht es eher darum, einen Rahmen zu setzen und in dem
Rahmen gibt es Anordnungen. Also ein Regelsystem. Und da gibt es dann Freiheiten ...
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